Wofür stehen sie und was möchten sie für den ländlichen Raum sowie für die Landwirtschaft tun? Dieser und weiteren Fragen stellten sich Gitta Connemann (CDU), Anja Troff-Schaffarzyk (SPD), Ferhat Asi (FDP), Julian Pahlke (Grüne) und Kai Jesiek (Linke) am Mittwochabend bei einer Podiumsdiskussion im Hotel Lüssing in Lehe auf Einladung der Landfrauen. Ebenfalls geladen waren eigentlich auch Holger Kühnlenz (AfD), der jedoch unentschuldigt fehlte, sowie Rafael Gil Brand (Die Basis), der mangels Nachweises einer Impfung, Genesung oder Testung nicht an der Veranstaltung teilnehmen durfte. Der achte im Bunde, Gerd Balzer vom Internationalistischen Bündnis aus Hamburg, war wohl nicht eingeladen.
Im eher spärlich besetzten Saal warb Annelene Ewers, Bezirksvorsitzende der Landfrauen Emsland-Grafschaft Bentheim, eindringlich dafür, das Wahlrecht wahrzunehmen und diese Botschaft auch weiterzutragen. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde der Kandidaten moderierte Lambert Hurink, Geschäftsführer des Emsländischen Landvolks, die mit teils bissigen Spitzen gespickte Diskussion, bei der wahrlich "kein Einheitsbrei präsentiert" wurde, wie Hurink im Anschluss bilanzierte. Im Fokus der Fragen standen besonders die Landwirtschaft und die ländlich geprägte Region.
Die Ziele:
Zunächst bat Hurink die Kandidaten darum, die zwei wichtigsten Vorhaben im landwirtschaftlichen Bereich und speziell für den ländlichen Raum kurz zu skizzieren. Connemann, die sich selbst als die "Stimme des ländlichen Raums im Bundestag" bezeichnet, forderte ein "Belastungsmoratorium", also einen Auflagenstopp für Landwirte, in Verbindung mit einer "Entfesselungsoffensive" sowie die Honorierung von CO2-Bindung im Hinblick auf den Klimaschutz.
Jesiek hingegen legte seinen Fokus auf gerechtere Verteilung von Subventionen für Landwirte abgekoppelt vom Flächenbesitz und plädierte für flexiblen Nahverkehr.
Verlässliche Rahmenbedingungen für nachhaltige Landwirtschaft, regionale Vermarktung von Produkten und Ausgleichzahlungen waren die Stichworte von Troff-Schaffarzyk, die gleichzeitig auf "Glasfaser bis zur letzten Milchkanne" und Mobilfunkempfang in jedem noch so kleinen Ort setzen will.
Auch Asi forderte verlässliche und faire Rahmenbedingungen für Landwirte – und das gar auf europäischer Ebene – und möchte außerdem die medizinische Versorgung sichern.
Medizinische Versorgung:
Ärztemangel war denn auch das nächste Stichwort. Asi zufolge muss nicht nur die Attraktivität auf dem Land erhöht werden, sondern viel früher schon bei der Ausbildung angesetzt werden. Wenn es nach ihm geht, sollte die Zahl der Studienplätze erweitert, der NC durch eine praxisorientierte Auswahl abgelöst sowie Universitäts-Zweigstellen im ländlichen Raum etabliert werden. Troff-Schaffarzyk fehlt dagegen die Wertschätzung für den Hebammenberuf und möchte diesen mit besseren Rahmenbedingungen stärken.
Connemann warf hingegen den Blick auf andere Bereiche wie Apotheken, Ergo- und Physiotherapeuten sowie Pfleger und hofft bei letzteren auf den Erfolg der flexiblen Ausbildung von "Generalisten". Im Hinblick auf den Ärztemangel sieht sie eine Chance in der Telemedizin. Pahlke forderte gerade für Heilberufe mehr Schulplätze aber auch eine faire Vergütung. Jesiek sieht die Lösung eher in der Rekommunalisierung von Krankenhäusern in privatwirtschaftlicher Hand.
Einig waren sich alle Kandidaten jedoch darin, dass bei der medizinischen Versorgung auch auf Migration aus dem Ausland gesetzt werden müsse.
Stärkung des Ehrenamts:
Um einen Anreiz für das Ehrenamt zu schaffen, halten Pahlke und Jesiek es für sinnvoll, das ehrenamtliche Engagement durch Rentenpunkte zu honorieren. Connemann hingegen hält das für finanziell nicht machbar und will stattdessen eher die Bürokratie für Ehrenamtliche abbauen und sie mit Anlaufpunkten unterstützen. Ähnlich sieht es auch Troff-Schaffarzyk, die zusätzlich bessere Möglichkeiten für Freistellungen vom Beruf schaffen möchte. "Irgendwie muss es doch einen Dank geben", findet Asi und möchte dies mithilfe einer Art "Anerkennungsportal" erreichen, bei dem Gutscheine für Engagement ausgeschüttet würden.
Landflucht verhindern:
Digitalisierung ist entscheidend, um Landflucht zu verhindern – darin waren sich die Kandidaten mehrheitlich einig. Daneben möchte Troff-Schaffarzyk Arbeitsplätze durch Tourismus sowie durch die Ansiedlung von Firmen stärken, die an zukunftsweisenden Technologien arbeiten. Jesiek zufolge müssen die "Lebensmöglichkeiten denen in der Stadt angepasst werden", weshalb er auf einen besseren ÖPNV setzen würde.
Asi sorgt sich um den Erhalt der Mobilität vor Ort und plädiert daher neben der Stärkung der Infrastruktur für eine Senkung der Mineralölsteuer. Pahlke dagegen hält den Einsatz von E-Autos und Lastenrädern auch auf dem Land für sinnvoll und verspricht eine "Mobilitätsgarantie". Connemann wünscht sich in dieser Diskussion allerdings "weniger Ideologie" seitens der Grünen und dafür mehr Flexibilität für regionale Verkehrskonzepte.